Grenzbebauung - Was man darf und was nicht

In Deutschland gibt es strenge Regelungen dazu, bis zu welchem Abstand zur Grundstücksgrenze man bauen darf. Dabei geht es darum, den Nachbarn zu schützen und das gute Zusammenleben zu bewahren. Auch der Brandschutz soll durch einen Mindestabstand zwischen Gebäuden verbessert werden. Je nach Bundesland gibt es verschiedene Regelungen dazu, welcher Abstand zwischen Gebäuden eingehalten werden muss. Diese finden sich in der jeweiligen Bauordnung, im Bebauungsplan und manchmal auch im Nachbarrecht.

Dieser Artikel befasst sich damit, was genau unter einer Grenzbebauung zu verstehen ist, welche Abstände eingehalten werden müssen, welche Abstandsflächen in den Bundesländern gelten und welche Möglichkeiten der Grenzbebauung vorhanden sind. Zu guter Letzt gibt es Tipps zum Nachbarvertrag zum Thema Grenzbebauung sowie Antworten auf häufige Fragen.

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Grenzbebauung Definition

Mit der Grenzbebauung sind Gebäude gemeint, die sich direkt an der Grenze zum benachbarten Grundstück befinden. Grundstücksbesitzer dürfen nämlich nicht einfach nach Gutdünken ihr ganzes Grundstück bebauen, sondern müssen aus Rücksicht auf den Nachbarn bestimmte Abstände einhalten. Die sogenannten Abstandsflächen liegen auf dem eigenen Grundstück. Je nach Bundesland gibt es Vorschriften dazu, wie groß diese Flächen sein müssen. Dabei gibt es meistens einen Faktor, der mit der Gebäudehöhe multipliziert wird, um den Abstand zu ermitteln. 

Wenn ein Grundstück an öffentliche Plätze oder Straßen grenzt, gelten Ausnahmen beim Abstand. Auch, wenn der Nachbar per Vertrag einer geringeren Abstandsfläche zustimmt, ist die Grenzbebauung denkbar.

Die rechtliche Situation bei der Grenzbebauung lässt sich in der jeweiligen Bauordnung sowie im geltenden Bebauungsplan nachlesen. Außerdem ist es empfehlenswert, vor dem Bau eines neuen Gebäudes mit der jeweiligen Baubehörde Rücksprache zu halten. So können Grundstücksbesitzer von Anfang an Probleme vermeiden. Denn falls ein Gebäude gegen die Bestimmungen zur Grenzbebauung verstößt, kann es sein, dass der Bauherr dieses wieder abreißen muss.

Einzuhaltende Abstände bei der Grenzbebauung

Die Frage nach der erlaubten Grenzbebauung lässt sich nicht pauschal beantworten. Die Regelungen zu den Abstandsflächen unterscheiden sich je nach Bundesland und oft auch von Region zu Region. Auf dem Land müssen meist größere Abstandsflächen eingehalten werden als in der Stadt. Zum Beispiel gilt in Bayern in ländlichen Gebieten der Faktor 1. Die Gebäudehöhe wird mit diesem Faktor multipliziert, was bedeutet, dass etwa ein Bungalow mit einer Höhe von 6 Metern einen Abstand von 6 Metern zum Nachbargrundstück einhalten muss. In Hessen gilt der Faktor 0,4 in Stadtgebieten, sodass für den gleichen Flachdach-Bungalow nur ein Abstand von 2,40 Metern vorgeschrieben ist. Hinzu kommt jedoch, dass ein Mindestabstand von 3 Metern in Hessen gilt, der eingehalten werden muss.

Darüber hinaus hängt die Frage nach der Abstandsfläche auch davon ab, ob es sich um eine geschlossene oder eine offene Bebauung handelt. Bei einer geschlossenen Bebauung dürfen die Häuser Mauer and Mauer errichtet werden, wie es zum Beispiel in dicht besiedelten Städten oder Reihenhaussiedlungen der Fall ist. In diesem Fall müssen Grundstücksbesitzer ihre Gebäude so planen, dass sie exakt mit der Grundstücksgrenze abschließen, um den knappen Platz optimal auszunutzen. Bei einer offenen Bebauung hingegen, wie sie vor allem in kleineren Orten und auf dem Land verbreitet ist, gilt es, die Zahlen zur Grenzbebauung zu erfragen und zu respektieren.

Obwohl die Bundesländer in Deutschland verschiedene Regeln zur Grenzbebauung haben, lassen sich die folgenden Regelungen zur Orientierung ableiten:

  • Die Abstandsfläche gilt für die ganze Breite einer Gebäudeseite
  • Zur Berechnung des einzuhaltenden Abstands wird die Gebäudehöhe mit einem Wert zwischen 0,2 und 1 multipliziert
  • Die meisten Bundesländer haben einen Mindestabstand von 2,5 bis 3 Metern festgelegt, der auch dann eingehalten werden muss, wenn der errechnete Abstandswert darunter liegt
  • Dachflächen mit einem Neigungswinkel von mehr als 70° werden zur Gebäudehöhe dazugerechnet
  • Flachere Winkel zählen je nach Bundesland nur zu einem Drittel oder Viertel zur Dachhöhe
  • Sonderbauteile wie Balkone oder Erker dürfen bei der Berechnung der Abstandsfläche ignoriert werden, wenn sie weniger als 1,5 Meter herausragen und weniger als 1/3 der Fasse ausmachen
  • Wärmedämmverbundsysteme bis zu einer Dicke von 20-25 cm können bei der Berechnung ebenfalls ignoriert werden
Wichtig: Vor dem Bau von neuen Gebäuden sollten Bauherren mit dem jeweilig zuständigen Bauamt Rücksprache halten, da sich dieses unter bestimmten Umständen sogar über die geltende Bauordnung hinwegsetzen darf.

Unterschiede nach Bundesland

In den meisten Bauordnungen kommt heutzutage der Faktor 0,4 zur Anwendung. Früher war der Standard 1,0. Zudem gab es das sogenannte 16-Meter-Privileg, das heute nur noch in Nordrhein-Westfalen und in Bayern genutzt wird. Dieses Privileg besagt, dass Bauherren bei maximal zwei Außenwänden, die weniger als 16 Meter lang sind, nur die halbe statt der ganzen Gebäudehöhe berechnen müssen.

Diese Tabelle gibt eine Übersicht der wichtigsten Regelungen zur Grenzbebauung in den deutschen Bundesländern:

Bundesland Regelung Faktor zur Errechnung der Abstandsfläche Faktor für Dach- und Giebelflächen Mindestabstand laut Bauordnung

Baden-Württemberg

LBO § 5

0,4

in Kerngebieten: 0,2

> 70°: 1

> 45°: 1/3

2,5 m
bei Außenwänden unter 5 m Länge reichen 2 m

Bayern

BayBO § 6

1

in Kerngebieten: 0,5

> 70°: 1
< 70°: 1/3

3 m

Berlin

BauO Bln § 6

0,4

> 70°: 1
< 70°: 1/3

3 m

Brandenburg

BbgBO § 6

0,4
je nach Gebäudeart weniger möglich

keine Angaben
Dach wird mit Faktor 1 gerechnet

3 m

Bremen

BremLBO § 6

0,4
je nach Gebäudeart weniger möglich

> 70°: 1
< 70°: 1/3

3 m
je nach Gebiet 2,5 m möglich

Hamburg

HBauO § 6

0,4

> 70°: 1
< 70°: 1/3

2,5 m

Hessen

HBO § 6

0,4
in Sondergebieten 0,2 möglich

> 70°: 1

> 45°: 1/3

3 m

Mecklenburg-Vorpommern

LBau M-V § 6

0,4

> 70°: 1
< 70°: 1/3

3 m

Niedersachsen

NBauO § 5

0,5
in Sondergebieten 0,25 möglich

keine Angaben
Dach wird mit Faktor 1 gerechnet

3 m

Nordrhein-Westfalen

BauO NRW § 6

0,8
in Kerngebieten 0,25 bis 0,5 möglich

> 70°: 1
> 45°: 1/3
Giebel < 70°: 1/3

3 m

Rheinland-Pfalz

LBauO § 8

0,4
in Kerngebieten weniger möglich

> 70°: 1
< 70°: 1/3

3 m

Saarland

LBO § 7

0,4
in Kerngebieten weniger möglich

> 70°: 1
> 45°: 1/3

3 m

Sachsen

SächsBO § 6

0,4

> 70°: 1
< 70°: 1/3

3 m

Sachsen-Anhalt

BauO LSA § 6

0,4
je nach Gebäudeart weniger möglich

> 70°: 1
< 70°: 1/3

3 m

Schleswig-Holstein

LBO § 6

0,4
je nach Gebäudeart weniger möglich

> 70°: 1
> 45°: 0,25
Giebel: 0,5

3 m

Thüringen

ThürBO § 6

0,4
in Sondergebieten 0,2 möglich

> 70°: 1
< 70°: 1/3

3 m

Möglichkeiten der Grenzbebauung

Zur Grenzbebauung gehört zunächst einmal das eigene Gebäude. Da es sich hier meist um recht hohe Wände handelt, muss die Abstandsfläche ohne Ausnahme komplett eingehalten werden. Darüber hinaus sind Garagen, Carports und Gartenhäuser als Grenzbebauung möglich. Da diese oft deutlich niedriger sind als ein ganzes Haus, gelten hier Sonderregelungen.

Darüber hinaus gilt es zu bedenken, dass auch Mauern und Zäune eine Genehmigung durch die Baubehörde und idealerweise zusätzlich das Einverständnis des Nachbarn haben sollten. In diesem Beitrag zum Thema Einfriedungen finden sich die geltenden Regelungen zum Thema Zaun, Mauer & Co. (interner Link).

Garage, Carport, Gartenhaus und Co.

Auch beim Bau von Garagen und anderen kleineren Gebäuden gilt es, bei der Baubehörde nach einer Genehmigung oder wenigstens nach den geltenden Regeln zu fragen. Fast immer gilt, dass Grenzgaragen eine Ausnahme von der Abstandsflächenregelung darstellen. Bauherren dürfen dann bis zur Grundstücksgrenze eine Garage bauen, wenn der Nachbar dies ebenfalls auf seiner Seite getan hat. Wenn sich an der Grundstücksgrenze seitens des Nachbarn ein Haus befindet, ist es jedoch nötig, eine Brandschutzwand zu errichten, um das Bauen Wand an Wand zu ermöglichen.

Die folgenden Regeln gelten grundsätzlich, können sich aber je nach Bundesland ein wenig unterscheiden:

  • Garagen, Carports und Gartenhäuser dürfen meist ohne Genehmigung und ohne Berücksichtigung der Abstandsfläche direkt an der Grenze zum Nachbarn gebaut werden
  • Wenn keine Genehmigung nötig ist oder diese bereits vorliegt, dürfen Gartenhäuser, Schuppen und Garagen dann an der Grenze gebaut werden, wenn die Wand maximal 3 Meter und die Seitenlänge 9 Meter misst
  • Für Garagen gilt fast immer eine Maximalgröße von 40 m²
  • Gartenhäuser dürfen nur dann innerhalb der Abstandsflächen gebaut werden, wenn sie weder Feuerungsstätte noch Aufenthaltsort haben
  • Grenzbebauung mit Fenstern: Bauten an der Grundstücksgrenze dürfen prinzipiell Fenster, Balkone und Erker haben, müssen aber die Privatsphäre des Nachbarn respektieren
  • Nachbarn haben ein Fensterabwehrrecht, mit dem sie den Einbau von Fenstern unter bestimmten Bedingungen widersprechen können
  • Grenzbebauung durch Hecke oder Zaun: Hier schreibt das Nachbarrecht vor, wie hoch die Grenzbepflanzungen oder Einfriedungen sein dürfen und wie weit sie von der Grenze entfernt sein müssen
  • Die Art der Einfriedung dürfen Bauherren sich meist selbst aussuchen, sollten sich aber an die ortsüblichen Gegebenheiten halten
Wichtig: Insbesondere bei größeren Vorhaben wie etwa einem Carport für mehrere Autos sollten Bauherren sich rechtzeitig an die Baubehörde wenden, um die geltenden Bestimmungen im Bundesland und in der Region zu erfragen.

Vertrag mit Nachbarn zu Grenzbebauung

Wer die vorgeschriebene Abstandsfläche nicht einhalten kann, hat die Möglichkeit, mit dem Nachbarn zu kooperieren. Wenn dieser zustimmt, übernimmt er eine Baulast und ist für die fehlenden Abstandsflächen zuständig. Diese Abstandsbaulast muss schriftlich gegenüber der Bauaufsichtsbehörde erklärt werden.

Darüber hinaus ist es möglich, eine Anbaulast zu vereinbaren. Diese beinhaltet, dass der Nachbar bei eigenen Bauvorhaben dazu verpflichtet ist, an die Gebäude des Bauherren anzubauen. Baulasten können eine Wertminderung mit sich bringen, da sie die Bebaubarkeit eines Grundstücks einschränken. Hier gilt es für beide Nachbarn, abzuwägen, ob ein Kompromiss oder eine Kompensation gefunden werden kann.

Bei einer Grenzbebauung ist das Einverständnis des Nachbarn nötig. Spätestens das Bauamt informiert den Nachbarn im Rahmen des Genehmigungsverfahrens über das Bauvorhaben. Daher ist es sinnvoll, rechtzeitig mit dem Nachbarn zu sprechen. Normalerweise geben Nachbarn ihre Einwilligung. Wenn sie sich vier Wochen lang nicht äußern, wird die Baubehörde auch ohne Zustimmung die Baugenehmigung ausstellen.

Tipp: Ein Gang zum Notar hilft dabei, die Grenzbebauung korrekt durchzuführen.

FAQ zu Grenzbebauung, ob Einfriedung oder Mauerwerk. Alle Infos!

Was gilt es bei der Grenzbebauung zu beachten?
In jedem Bundesland gibt es andere Regeln zur Grenzbebauung. Diese müssen eingehalten werden. Sie finden sich in der jeweiligen Bauordnung oder im Bebauungsplan. Außerdem gibt die Baubehörde Auskunft.
Darf man auch innerhalb der Abstandsflächen bauen?
Innerhalb der Abstandsflächen ist es normalerweise erlaubt, kleine Garagen, Gartenhütten und Zäune sowie Mauern zu bauen.
Wann ist die Zustimmung des Nachbarn zur Grenzbebauung nötig?
Beim Bau von Fenstern sowie bei hohen Gebäuden ist es sinnvoll, den Nachbarn um Zustimmung zu bitten. Ein Vertrag zur Übernahme von Abstandslasten ist empfehlenswert.
Letzte Aktualisierung: 26.05.2023