Vorkaufsrecht für Immobilien und Grundstücke: Definition, Arten und Tipps
Häufig gilt: Wer zuerst kommt, mahlt zuerst. Doch beim Immobilienkauf ist das nicht immer der Fall. Grund hierfür ist das Vorkaufsrecht, welches bestimmten Personen oder Institutionen ermöglicht, bei einer Immobilie oder einem Grundstück zuerst zuzuschlagen. Um das Vorkaufsrecht effektiv zu nutzen, sollten Sie die rechtlichen Grundlagen daher genau kennen. Wir verraten Ihnen, was ein Vorverkaufsrecht für Haus, Grundstück und Co. bedeutet, welche Arten es gibt und welche Fristen und Grenzen Sie beachten müssen. Außerdem erklären wir, wie genau der Verkauf mit einem Vorkaufsrecht abläuft und auf welche vertraglichen Details es wirklich ankommt, um Schadensersatzansprüche und andere Strafen zu vermeiden.
Was ist das Vorkaufsrecht?
Das Vorkaufsrecht, auch Vorverkaufsrecht genannt, ist ein gesetzlich oder vertraglich eingeräumtes Recht, das einer Person oder Institution die Möglichkeit gibt, eine Immobilie oder ein Grundstück zu den gleichen Bedingungen zu erwerben, wie sie einem Dritten angeboten werden. Dabei hat der Inhaber des Vorkaufsrechts zuerst die Gelegenheit, das Objekt zu kaufen, bevor es an einen anderen Käufer verkauft werden darf. Für den Inhaber des Vorkaufsrechts ist die Vereinbarung nicht verpflichtend – er muss das betroffene Haus oder Grundstück nicht kaufen. Der Verkäufer muss sich jedoch zwingend an das Vorverkaufsrecht halten, wenn der Inhaber von seinem Recht Gebrauch machen möchte.
Welchen Zweck verfolgt das Vorkaufsrecht?
Der Sinn und Zweck des Vorkaufsrechts liegt darin, bestimmte Interessen zu schützen und die Kontrolle über den Verkauf einer Immobilie oder eines Grundstücks zu gewährleisten. Dies könnte beispielsweise zum Schutz von Mietern passieren. So können Mieter ein Vorkaufsrecht haben, um sicherzustellen, dass sie die Möglichkeit haben, die von ihnen bewohnte Immobilie zu erwerben, bevor sie an einen Dritten verkauft wird. Auch das öffentliche Interesse kann mithilfe des Vorkaufsrechts geschützt werden. Gemeinden oder staatliche Institutionen haben oft ein Vorkaufsrecht, um städtebauliche Entwicklungen zu steuern oder andere öffentliche Interessen zu wahren. In einigen Fällen wird das Vorkaufsrecht aber auch vertraglich vereinbart, um familiäre oder geschäftliche Interessen zu schützen.
Das Vorkaufsrecht kann für Immobilien, wie Häuser oder Eigentumswohnungen, ebenso gelten wie für Grundstücke. Worauf genau sich das Vorverkaufsrecht bezieht, wird im Vorkaufsrechtsvertrag geregelt und ist ggf. sogar im Grundbuch eingetragen.
Die 4 Arten des Vorkaufsrechts
Das Vorkaufsrecht kann in verschiedenen Formen und Kontexten auftreten. Abhängig von ihrer Art unterscheiden sich die Rahmenbedingungen, gesetzlichen Grundlagen und Abläufe des Vorkaufsrechts, weshalb eine Differenzierung je nach Fall zwingend notwendig ist. Grundsätzlich kann zwischen vertraglichen und gesetzlichen Vorkaufsrechten unterschieden werden. Die vier gängigsten Arten des Vorverkaufsrechts finden Sie in der Abbildung sowie in der anschließenden Erklärung.
Dingliches Vorkaufsrecht für Grundstücke
Ein dingliches Vorkaufsrecht ist ein im Grundbuch eingetragenes Recht, das dem Berechtigten ermöglicht, ein Grundstück zu den gleichen Bedingungen zu erwerben, wie es einem Dritten angeboten wurde. Das Recht ist in §§ 1094 ff. BGB geregelt und bringt eine Verfügungssperre mit sich. Das bedeutet, dass das betroffene Grundstück nur dann an einen Dritten verkauft werden darf, wenn der Vorkaufsberechtigte informiert wurde und seine Einwilligung gegeben hat.
Schuldrechtliches Vorkaufsrecht bei Immobilien
Ein schuldrechtliches Vorkaufsrecht ist ein vertragliches Recht, das dem Berechtigten das Recht einräumt, eine Immobilie zu den gleichen Bedingungen zu erwerben, wie sie einem Dritten angeboten wurden. Gemäß §§ 463 bis 473 BGB muss das schuldrechtliche Vorkaufsrecht nicht im Grundbuch eingetragen, sehr wohl aber notariell beurkundet werden. In diesem Recht eingeschlossen sind unbewegliche Sachen wie Immobilien und Grundstücke, aber auch bewegliche Sachen wie Fahrzeuge, Möbel und Co.
Gesetzliches Vorkaufsrecht bei Grundstücken
Ein gesetzliches Vorkaufsrecht ist ein gesetzlich verankertes Recht, das bestimmten Privatpersonen zusteht. Mieter, Pächter oder aber Erben haben das Recht, ein Grundstück zu den gleichen Bedingungen zu erwerben, wie sie einem Dritten angeboten wurden. Das gesetzliche Vorkaufsrecht für Mieter gilt ausschließlich beim Erstverkauf der Immobilie und nur, solange die gemietete Wohnung einzeln zum Verkauf steht. Wird ein Mehrfamilienhaus ungeteilt verkauft, erlischt das Vorkaufsrecht für Mieter. Zudem kann das gesetzliche Vorkaufsrecht vererbt werden.
Öffentlich-rechtliches Vorkaufsrecht für Gemeinden und Städte
Ein öffentlich-rechtliches Vorkaufsrecht ist ein Recht, das öffentlichen Stellen, wie Gemeinden oder Städten, eingeräumt wird, um Grundstücke zu erwerben und dadurch städtebauliche Entwicklungsziele zu erreichen oder öffentliche Interessen zu schützen. Überwiegend in §§ 24 bis 28 BauGB geregelt, haben Gemeinden immer dann ein Vorkaufsrecht, wenn das betroffene Grundstück im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, in einem Umlegungsgebiet, einem förmlich festgelegten Sanierungsgebiet oder einem Überschwemmungsgebiet liegt. Außerdem kann ein Vorkaufsrecht wirksam werden, wenn das betroffene Grundstück zum Naturschutz, zur Landschaftspflege, zur Erholungsvorsorge oder zum Wohl der Allgemeinheit nötig ist. Zu Letzterem gehört unter anderem auch der Bedarf an neuem Wohnraum.
Abgesehen vom gesetzlichen Vorkaufsrecht bei Grundstücken ist das Vorkaufsrecht gemäß § 473 BGB nicht übertragbar oder vererbbar. Es kann jedoch eine abweichende Regelung im Vertrag festgelegt werden. Zudem kann das Vorverkaufsrecht vererbbar sein, wenn es zeitlich begrenzt wird.
Wie läuft das Vorkaufsrecht beim Immobilienverkauf ab?
Der Ablauf des Vorkaufsrechts beim Immobilienverkauf folgt einem festgelegten Prozess, um sicherzustellen, dass der Inhaber des Vorkaufsrechts die Möglichkeit hat, die Immobilie unter den gleichen Bedingungen wie ein Dritter zu erwerben. In der Regel kommen die folgenden Schritte auf Sie zu:
- Abschluss des Kaufvertrags mit einem Dritten: Der Verkäufer und ein potenzieller Käufer (Dritter) einigen sich auf die Bedingungen des Verkaufs und schließen einen Kaufvertrag ab. Dieser Vertrag enthält eine Klausel, dass er erst wirksam wird, wenn der Inhaber des Vorkaufsrechts auf dieses Recht verzichtet oder die Frist zur Ausübung des Vorkaufsrechts abgelaufen ist.
- Benachrichtigung des Vorkaufsberechtigten: Der Verkäufer muss den Inhaber des Vorkaufsrechts schriftlich über den abgeschlossenen Kaufvertrag informieren. Diese Benachrichtigung muss alle wesentlichen Vertragsbedingungen, insbesondere den Kaufpreis, enthalten.
- Prüfung und Entscheidung des Vorkaufsberechtigten: Der Inhaber des Vorkaufsrechts hat nun eine gesetzlich festgelegte Frist, um zu entscheiden, ob er das Vorkaufsrecht ausüben möchte.
- Ausübung des Vorkaufsrechts: Möchte der Vorkaufsberechtigte sein Recht ausüben, muss er dies innerhalb der Frist dem Verkäufer schriftlich mitteilen. Damit übernimmt er den Kaufvertrag zu den gleichen Bedingungen, die mit dem Dritten vereinbart wurden.
- Verzicht auf das Vorkaufsrecht: Wenn der Vorkaufsberechtigte sein Recht nicht ausübt oder die Frist verstreichen lässt, kann der Verkäufer die Immobilie an den ursprünglich vorgesehenen Käufer (Dritten) verkaufen.
- Notarielle Beurkundung: Sowohl die Ausübung des Vorkaufsrechts als auch der Verzicht darauf müssen notariell beurkundet werden, um rechtlich wirksam zu sein.
- Übergang der Immobilie: Wenn der Vorkaufsberechtigte das Recht ausgeübt hat, wird die Immobilie unter den vereinbarten Bedingungen an ihn übertragen. Ansonsten geht die Immobilie an den ursprünglichen Käufer.
Fristen: Dann erlischt das Vorkaufsrecht für Immobilien und Grundstücke
Das Vorkaufsrecht für Immobilien und Grundstücke erlischt in mehreren Situationen. Diese Fristen und Bedingungen stellen sicher, dass das Vorkaufsrecht klar geregelt ist und sowohl Verkäufer als auch Vorkaufsberechtigte Transparenz und Rechtssicherheit haben.
- Ablauf der Ausübungsfrist: Der Vorkaufsberechtigte eines gesetzlichen Vorkaufsrechts hat nach § 469 BGB eine Frist von zwei Monaten ab Erhalt der Benachrichtigung über den abgeschlossenen Kaufvertrag, um sein Vorkaufsrecht auszuüben. Bei einem kommunalen Vorkaufsrecht für Gemeinden beträgt die Frist zur Ausübung des Vorkaufsrechts nach § 28 BauGB drei Monate ab Mitteilung des abgeschlossenen Kaufvertrags. Nach Ablauf dieser Fristen erlischt das Recht, falls es nicht ausgeübt wurde.
- Verzicht auf das Vorkaufsrecht: Der Vorkaufsberechtigte kann schriftlich und notariell beurkundet auf sein Vorkaufsrecht verzichten. Mit diesem Verzicht erlischt das Vorkaufsrecht sofort.
- Nichtiger Hauptvertrag: Sollte der Hauptvertrag zwischen dem Verkäufer und dem Dritten aus irgendeinem Grund nichtig sein, erlischt auch das Vorkaufsrecht, da es keinen gültigen Kaufvertrag gibt, auf dessen Grundlage das Vorkaufsrecht ausgeübt werden könnte.
- Auflösung des Kaufvertrags: Wenn der Kaufvertrag zwischen dem Verkäufer und dem Dritten aufgelöst wird, bevor der Vorkaufsberechtigte sein Recht ausgeübt hat, erlischt ebenfalls das Vorkaufsrecht, da es keinen gültigen Vertrag mehr gibt.
- Tod des Vorkaufsberechtigten: Bei einem rein persönlichen Vorkaufsrecht kann dieses mit dem Tod des Berechtigten erlöschen, sofern es nicht auf die Erben übergeht.
- Nichtanfall eines Verkaufs: Das Vorkaufsrecht besteht nur im Falle eines Verkaufs. Wird die Immobilie bzw. das Grundstück nicht verkauft oder anderweitig übertragen (z.B. Schenkung), greift das Vorkaufsrecht nicht und bleibt ungenutzt bestehen.
- Ablauf der vertraglich vereinbarten Frist: Bei vertraglich eingeräumten Vorkaufsrechten kann eine spezifische Gültigkeitsdauer vereinbart sein. Nach Ablauf dieser Frist erlischt das Vorkaufsrecht automatisch, wenn es bis dahin nicht ausgeübt wurde.
Wann ist ein Vorkaufsrecht für Immobilien verboten?
Ein Vorkaufsrecht für Immobilien kann in bestimmten Situationen oder unter bestimmten Bedingungen unzulässig oder unwirksam sein. Hier sind die wichtigsten Fälle, in denen ein Vorkaufsrecht für Immobilien verboten oder eingeschränkt sein kann:
- Verstoß gegen gesetzliche Bestimmungen
- Missbrauch oder Umgehung gesetzlicher Vorschriften
- Kopplungsgeschäfte, bei denen das Vorkaufsrecht nur unter bestimmten Bedingungen ausgeübt werden kann
- Unwirksame vertragliche Vereinbarungen
- Verkauf an nahe Angehörige (Ehegatten, Lebenspartner, Kinder)
- Berechtigte Interessen der Allgemeinheit werden gefährdet
- Fehlende Eintragung des Vorkaufsrechts im Grundbuch
- Unangemessen lange Geltungsdauer und dadurch eine unzulässige Belastung des Eigentums
Vorkaufsrechtsvertrag: Das sollte enthalten sein
Beim Aufsetzen eines Vorkaufsrechtsvertrags gibt es wichtige Inhalte und formelle Anforderungen zu beachten, um die Rechtsgültigkeit und Durchsetzbarkeit des Vorkaufsrechts zu gewährleisten. Die folgenden Punkte sollten Sie unbedingt beachten, um die Gültigkeit des Vorkaufsrechts zu gewährleisten.
Inhalt des Vorkaufsrechtsvertrags
- Parteien des Vertrags: Angaben von Vorkaufsverpflichteter (Verkäufer) und Vorkaufsberechtigter (Käufer)
- Gegenstand des Vorkaufsrechts: Detaillierte Beschreibung der Immobilie oder des Grundstücks, auf die sich das Vorkaufsrecht bezieht (Lage, Größe, Flurstücknummer, etc.).
- Ausübung des Vorkaufsrechts: Klare Bedingungen, unter denen das Vorkaufsrecht ausgeübt werden kann, einschließlich Fristen und Benachrichtigungsmodalitäten.
- Kaufpreis und Vertragsbedingungen: Bestimmung, dass der Vorkaufsberechtigte die Immobilie zu den gleichen Bedingungen erwerben kann, wie sie einem Dritten angeboten wurden. Details zum Kaufpreis und weiteren Vertragsbedingungen (z.B. Zahlungsmodalitäten).
- Benachrichtigungspflicht: Verpflichtung des Verkäufers, den Vorkaufsberechtigten unverzüglich schriftlich über den Abschluss eines Kaufvertrags mit einem Dritten zu informieren.
- Verzicht und Erlöschen des Vorkaufsrechts: Regelungen zum Verzicht auf das Vorkaufsrecht und Bedingungen, unter denen das Vorkaufsrecht erlischt.
- Sonstige Vereinbarungen: Regelungen zu eventuellen zusätzlichen Vereinbarungen, wie z.B. Kostenübernahme für die Eintragung des Vorkaufsrechts im Grundbuch.
Form des Vorkaufsrechtsvertrags
- Schriftform: Der Vorkaufsrechtsvertrag muss schriftlich abgefasst werden.
- Notarielle Beurkundung: Der Vertrag muss notariell beurkundet werden, um rechtswirksam zu sein, insbesondere wenn das Vorkaufsrecht im Grundbuch eingetragen werden soll (§ 873 und § 311b BGB).
- Grundbucheintragung: Einige Vorkaufsrechte müssen im Grundbuch eingetragen werden, um gegenüber Dritten wirksam und durchsetzbar zu sein.
- Klarheit und Verständlichkeit: Der Vertrag sollte klar und verständlich formuliert sein, um Missverständnisse und spätere rechtliche Streitigkeiten zu vermeiden.
Vor Abschluss des Vorkaufsrechtsvertrags sollte geprüft werden, ob es gesetzliche Einschränkungen oder Besonderheiten gibt, die das Vorkaufsrecht betreffen und damit die Zulässigkeit des Vertrages gefährden könnten. Dafür kann es durchaus sinnvoll sein, einen Rechtsanwalt oder Notar hinzuzuziehen, um sicherzustellen, dass alle rechtlichen Anforderungen erfüllt sind und der Vertrag rechtlich bindend ist.
Folgen beim Umgehen des Vorkaufsrechts bei Immobilien und Grundstücken
Das Umgehen des Vorkaufsrechts bei Immobilien und Grundstücken kann ernsthafte rechtliche Konsequenzen und Folgen für die beteiligten Parteien haben. Wenn der Verkäufer versucht, das Vorkaufsrecht zu umgehen, indem er einen Kaufvertrag mit einem Dritten abschließt und den Vorkaufsberechtigten nicht informiert, kann der Kaufvertrag anfechtbar sein. Der Vorkaufsberechtigte kann rechtliche Schritte einleiten, um den Kaufvertrag anzufechten und seine Rechte durchzusetzen. Zudem kann der Vorkaufsberechtigte Schadenersatzansprüche gegen den Verkäufer geltend machen, wenn ihm durch das Umgehen des Vorkaufsrechts ein finanzieller Schaden entsteht. Der Schadenersatz kann die Differenz zwischen dem vereinbarten Kaufpreis und einem möglicherweise höheren Kaufpreis umfassen, den der Vorkaufsberechtigte in einem anderen Geschäft hätte zahlen müssen.
Eine andere mögliche Konsequenz ist die Durchsetzung des Vorkaufsrechts. Der Vorkaufsberechtigte kann gerichtlich durchsetzen, dass ihm die Immobilie zu den im ursprünglichen Kaufvertrag vereinbarten Bedingungen verkauft wird. Dies kann durch eine Leistungsklage erreicht werden. In einigen Fällen kann der Kaufvertrag zwischen dem Verkäufer und dem Dritten auch rückabgewickelt werden, um das Vorkaufsrecht des Berechtigten zu wahren. Dies setzt voraus, dass der Dritte von der Existenz des Vorkaufsrechts wusste oder hätte wissen müssen.
Auch für den Notar kann die Umgehung des Vorverkaufsrechts Folgen haben. Notare sind verpflichtet, bei der Beurkundung von Immobilienkaufverträgen auf bestehende Vorkaufsrechte hinzuweisen. Wenn ein Notar wissentlich ein Vorkaufsrecht umgeht, kann dies berufsrechtliche Konsequenzen mit sich bringen.