Die Frage nach der erlaubten Grenzbebauung lässt sich nicht pauschal beantworten. Die Regelungen zu den Abstandsflächen unterscheiden sich je nach Bundesland und oft auch von Region zu Region. Auf dem Land müssen meist größere Abstandsflächen eingehalten werden als in der Stadt. Zum Beispiel gilt in Bayern in ländlichen Gebieten der Faktor 1. Die Gebäudehöhe wird mit diesem Faktor multipliziert, was bedeutet, dass etwa ein Bungalow mit einer Höhe von 6 Metern einen Abstand von 6 Metern zum Nachbargrundstück einhalten muss. In Hessen gilt der Faktor 0,4 in Stadtgebieten, sodass für den gleichen Flachdach-Bungalow nur ein Abstand von 2,40 Metern vorgeschrieben ist. Hinzu kommt jedoch, dass ein Mindestabstand von 3 Metern in Hessen gilt, der eingehalten werden muss.
Darüber hinaus hängt die Frage nach der Abstandsfläche auch davon ab, ob es sich um eine geschlossene oder eine offene Bebauung handelt. Bei einer geschlossenen Bebauung dürfen die Häuser Mauer and Mauer errichtet werden, wie es zum Beispiel in dicht besiedelten Städten oder Reihenhaussiedlungen der Fall ist. In diesem Fall müssen Grundstücksbesitzer ihre Gebäude so planen, dass sie exakt mit der Grundstücksgrenze abschließen, um den knappen Platz optimal auszunutzen. Bei einer offenen Bebauung hingegen, wie sie vor allem in kleineren Orten und auf dem Land verbreitet ist, gilt es, die Zahlen zur Grenzbebauung zu erfragen und zu respektieren.
Obwohl die Bundesländer in Deutschland verschiedene Regeln zur Grenzbebauung haben, lassen sich die folgenden Regelungen zur Orientierung ableiten:
In den meisten Bauordnungen kommt heutzutage der Faktor 0,4 zur Anwendung. Früher war der Standard 1,0. Zudem gab es das sogenannte 16-Meter-Privileg, das heute nur noch in Nordrhein-Westfalen und in Bayern genutzt wird. Dieses Privileg besagt, dass Bauherren bei maximal zwei Außenwänden, die weniger als 16 Meter lang sind, nur die halbe statt der ganzen Gebäudehöhe berechnen müssen.
Diese Tabelle gibt eine Übersicht der wichtigsten Regelungen zur Grenzbebauung in den deutschen Bundesländern:
Bundesland | Regelung | Faktor zur Errechnung der Abstandsfläche | Faktor für Dach- und Giebelflächen | Mindestabstand laut Bauordnung |
---|---|---|---|---|
LBO § 5 | 0,4 in Kerngebieten: 0,2 | > 70°: 1 > 45°: 1/3 | 2,5 m | |
BayBO § 6 | 1 in Kerngebieten: 0,5 | > 70°: 1 | 3 m | |
BauO Bln § 6 | 0,4 | > 70°: 1 | 3 m | |
BbgBO § 6 | 0,4 | keine Angaben | 3 m | |
BremLBO § 6 | 0,4 | > 70°: 1 | 3 m | |
HBauO § 6 | 0,4 | > 70°: 1 | 2,5 m | |
HBO § 6 | 0,4 | > 70°: 1 > 45°: 1/3 | 3 m | |
LBau M-V § 6 | 0,4 | > 70°: 1 | 3 m | |
NBauO § 5 | 0,5 | keine Angaben | 3 m | |
BauO NRW § 6 | 0,8 | > 70°: 1 | 3 m | |
LBauO § 8 | 0,4 | > 70°: 1 | 3 m | |
LBO § 7 | 0,4 | > 70°: 1 | 3 m | |
SächsBO § 6 | 0,4 | > 70°: 1 | 3 m | |
BauO LSA § 6 | 0,4 | > 70°: 1 | 3 m | |
LBO § 6 | 0,4 | > 70°: 1 | 3 m | |
ThürBO § 6 | 0,4 | > 70°: 1 | 3 m |
Zur Grenzbebauung gehört zunächst einmal das eigene Gebäude. Da es sich hier meist um recht hohe Wände handelt, muss die Abstandsfläche ohne Ausnahme komplett eingehalten werden. Darüber hinaus sind Garagen, Carports und Gartenhäuser als Grenzbebauung möglich. Da diese oft deutlich niedriger sind als ein ganzes Haus, gelten hier Sonderregelungen.
Darüber hinaus gilt es zu bedenken, dass auch Mauern und Zäune eine Genehmigung durch die Baubehörde und idealerweise zusätzlich das Einverständnis des Nachbarn haben sollten. In diesem Beitrag zum Thema Einfriedungen finden sich die geltenden Regelungen zum Thema Zaun, Mauer & Co. (interner Link).
Auch beim Bau von Garagen und anderen kleineren Gebäuden gilt es, bei der Baubehörde nach einer Genehmigung oder wenigstens nach den geltenden Regeln zu fragen. Fast immer gilt, dass Grenzgaragen eine Ausnahme von der Abstandsflächenregelung darstellen. Bauherren dürfen dann bis zur Grundstücksgrenze eine Garage bauen, wenn der Nachbar dies ebenfalls auf seiner Seite getan hat. Wenn sich an der Grundstücksgrenze seitens des Nachbarn ein Haus befindet, ist es jedoch nötig, eine Brandschutzwand zu errichten, um das Bauen Wand an Wand zu ermöglichen.
Die folgenden Regeln gelten grundsätzlich, können sich aber je nach Bundesland ein wenig unterscheiden:
Wer die vorgeschriebene Abstandsfläche nicht einhalten kann, hat die Möglichkeit, mit dem Nachbarn zu kooperieren. Wenn dieser zustimmt, übernimmt er eine Baulast und ist für die fehlenden Abstandsflächen zuständig. Diese Abstandsbaulast muss schriftlich gegenüber der Bauaufsichtsbehörde erklärt werden.
Darüber hinaus ist es möglich, eine Anbaulast zu vereinbaren. Diese beinhaltet, dass der Nachbar bei eigenen Bauvorhaben dazu verpflichtet ist, an die Gebäude des Bauherren anzubauen. Baulasten können eine Wertminderung mit sich bringen, da sie die Bebaubarkeit eines Grundstücks einschränken. Hier gilt es für beide Nachbarn, abzuwägen, ob ein Kompromiss oder eine Kompensation gefunden werden kann.
Bei einer Grenzbebauung ist das Einverständnis des Nachbarn nötig. Spätestens das Bauamt informiert den Nachbarn im Rahmen des Genehmigungsverfahrens über das Bauvorhaben. Daher ist es sinnvoll, rechtzeitig mit dem Nachbarn zu sprechen. Normalerweise geben Nachbarn ihre Einwilligung. Wenn sie sich vier Wochen lang nicht äußern, wird die Baubehörde auch ohne Zustimmung die Baugenehmigung ausstellen.
In jedem Bundesland gibt es andere Regeln zur Grenzbebauung. Diese müssen eingehalten werden. Sie finden sich in der jeweiligen Bauordnung oder im Bebauungsplan. Außerdem gibt die Baubehörde Auskunft.
Innerhalb der Abstandsflächen ist es normalerweise erlaubt, kleine Garagen, Gartenhütten und Zäune sowie Mauern zu bauen.
Beim Bau von Fenstern sowie bei hohen Gebäuden ist es sinnvoll, den Nachbarn um Zustimmung zu bitten. Ein Vertrag zur Übernahme von Abstandslasten ist empfehlenswert.